Ist Ihnen das auch schon aufgefallen, wenn es in der S-Bahn heisst: Dieser Zug fährt weiter nach Winterthur als S7? Ich habe zwar noch nie gehört, dass aus einer S7 plötzlich eine S23 oder gar eine U2 geworden wäre, aber es tönt trotzdem, wie wenn die Züge eine Identität hätten, eine Persönlichkeit, die sie je nach Laune wechseln können. Für mich ist das, wie wenn ich beim Bahnhof Stadelhofen aussteige und dann würde eine Stimme aus dem Lautsprecher sagen: Diese Person läuft jetzt weiter Richtung Mainaustrasse als Lorenz Frey.

Eigentlich wäre es noch praktisch, seine Identität rasch wechseln zu können. Beispielsweise wenn man die Strasse blockiert, weil der Motor nicht mehr startet, oder wenn man an der Kasse steht, eine ungeduldige Schlange von 20 wartenden Personen im Rücken, und man kann sich einfach nicht mehr an den Code für die Bancomat-Karte erinnern. Oder man fragt den Kollegen, wie es der Mutter geht und merkt im gleichen Moment, dass die ja schon vor fünf Jahren verstorben ist. Man könnte dann einen Knopf drücken und eine freundliche Frauenstimme sagt: diese Person geht jetzt weiter als [hier beliebigen Namen ausser dem eigenen einsetzen]. So im Sinne von «niemand kennt den und niemand wird sich an diese peinliche Situation erinnern». Auch bei einer Verkehrskontrolle mit Ausweisentzug wegen Alkoholkonsum wäre das noch praktisch. Einfach sagen: Diese Person fährt jetzt weiter Richtung Meilen als …

Aber wenn ich so überlege: das gibt es schon im richtigen Leben. Beispielsweise Winston Churchill. Der war bis 1904 bei den Konservativen und hat sich dann gesagt: Ich gehe jetzt weiter als Liberaler. Und 1924 hat er dann den Retour-Zug genommen: Ich fahre weiter als Konservativer. Oder in Russland, bei der Besetzung der Krim-Halbinsel: Da haben die Soldaten einfach gesagt, wir marschieren jetzt weiter als Staatenlose. Oder Bruce Jenner. Der hat einfach gesagt, ich lebe jetzt weiter als Caitlyn.