Vor zwei Tagen im Tram habe ich Fetzen eines Gesprächs zwischen einem Kind und seiner Mutter aufgeschnappt, ich habe zumindest angenommen, dass es die Mutter sei, aber das spielt gar keine Rolle. Das Kind sagte: „Wenn ich pensioniert bin, reise ich nach Hawaii, aber ich behalte meine Wohnung in Zürich.“ Das Kind war vielleicht zehn oder elf, schätze ich.
Ich habe gedacht:“ Das ist mein Mann!“, weil ich auch schon lange von der Pensionierung träume, und da Vorfreude bekanntlich die schönste Freude ist, ist die Pensionierung diesbezüglich ziemlich ergiebig, sie wächst potentiell sogar von Jahr zu Jahr.
Ich war aber auch etwas irritiert, weil ich das nicht so recht einordnen konnte. War das jetzt ein SEHR frühreifes Kind, das den Horizont schon bis ins Pensionsalter zu Ende gedacht hat? In diesem Alter schon? Oder stimmt das gar nicht, dass die junge Generation in der Arbeitswelt primär die Selbstverwirklichung zum Ziel hat? Sondern eine Reise nach Hawaii und eine Wohnung in Zürich? Also nur materialistisch ist? Oder heisst Selbstverwirklichung für manche gerade das: nach Hawaii reisen und eine Wohnung in Zürich behalten? Das spricht immerhin für Zürich – das muss ich als gebürtiger Aargauer neidlos anerkennen. Nennt man das jetzt zielstrebig? Fokussiert? Ist es einfach ein Traum?
Doch fast noch mehr irritiert hat mich die Antwort den Frau, von der ich annehme, dass es die Mutter war, vielleicht war es auch eine böse Tante, denn sie hat gesagt: „Da musst du aber VIEL arbeiten, wenn du nach Hawaii reisen und eine Wohnung in Zürich haben willst.“
Man kann nicht sagen, dass das falsch ist. Gerade bei den Immobilienpreisen in Zürich. Vielleicht gibt es sogar einzelne Menschen, die das dann anspornt, viel zu arbeiten. Vor allem, wenn sie noch Kinder sind.
Aber vielleicht liege ich ja ganz falsch. Wer weiss, was der junge Mensch sonst noch für Träume im Hinblick auf seine Pensionierung hätte, wenn ihn sein Umfeld nicht ab und an zurück auf den Boden holen würde. Begehrlichkeiten gibt es schliesslich schon genug.