Man hört ja immer wieder von Bildern, die retuschiert worden sind. Ich meine jetzt nicht offensichtliche Fälschungen, so wie beispielsweise Stalin den Trotzki aus Bildern entfernen liess. Nicht so offensichtlich und bösartig. Ich rede von den gut gemeinten, feinen Optimierungen. Ein Fältlein oder ein Kilogramm weniger. Die Beine zwei oder drei Zentimeter länger. Ohne Tattoo oder Altersflecken. Einfach so, dass wir uns alle ein bisschen besser fühlen.
Man weiss ja nicht so recht, was man davon denken soll. Easy – ist ja nur, damit es etwas besser aussieht? Selbstbetrug? Willkommen in Huxleys schöner, neuen Welt? Die Grenzen zwischen real und virtuell verschieben sich immer mehr.
Aber als positiver Mensch habe ich mir gedacht: Wieso nicht Sachen aus seinem Leben entfernen, die man nicht mehr haben will? So wie das Doppelkinn oder die Haarinsel auf dem Kopf? Ist ja nichts Böses. Etwas nachbessern, einfach, damit es besser aussieht. Das tun Frauen ja die ganze Zeit. Das Feld ist völlig offen. Wie wäre es mit Kindern in der Pubertät? Rasch den Retuschierpinsel nehmen, zack, wären sie heute nicht am Esstisch. Oder mit der Maus die Mundwinkel etwas hochziehen? Mit dem Radierer die Stirnrunzeln entfernen? Es würden sich doch alle gleich viel besser fühlen.
Oder das letzte Arbeitszeugnis: zufrieden oder sehr zufrieden? Gut oder brilliant? Wo ist schon der Unterschied? Tut das jemandem weh? Wenn ich so überlege: Eigentlich ist das Feld unendlich. Der letzte Flirt-Beginn? Einfach aus allen Köpfen löschen, ist weniger peinlich. Basel verliert 2:1 gegen Zürich? Das muss ja ein Vertipper sein. Morgen regnet es? Das geht aber gar nicht. Rasch eine Sonne rein!
Wäre das Leben einfach. Oder? Nur mit einem hätte ich wirklich ein Problem: Wenn Sie meine Kolumnen retuschieren würden. DAS geht dann natürlich gar nicht.