Kennen Sie das auch? Sie schauen das Bild einer Person an, darunter steht, dass sie 50 Jahre alt ist, und Sie denken: Uiuiui … zum Glück sehe ich nicht so alt aus. Ich brauche natürlich nicht zu erwähnen, dass Sie gleich alt sind. Und überzeugt, dass Sie 10 Jahre jünger aussehen.
Oder im Tanzkurs. Sie fühlen sich geschmeidig, elegant, sicher in den Bewegungen, Sie haben den Rhythmus sozusagen im Blut. Und wenn Sie dann mal in den Spiegel schauen, oder noch besser, gefilmt werden: Es sieht alles irgendwie anders aus, als Sie gedacht haben.
Oder man blättert im Fotoalbum und denkt: Wie könnte ich nur so rumlaufen, das sieht ja furchtbar aus. Aber warum nur haben wir ALLE das Gefühl, dass wir im Moment gut aussehen? Obwohl wir wissen, dass wir uns in fünf Jahren über das heutige Aussehen genieren? Was ist das für ein Phänomen? Ignoranz? Eitelkeit? Eine Überlebens-Notwendigkeit? Sehen wir uns selbst schön, so wie man etwas schönreden kann?
Und was heisst das für den restlichen Teil unseres Lebens? Sind unsere Kinder nicht schöner als andere? Nicht intelligenter? Nicht braver? Sind wir gar nicht so gute Chefs, wie wir meinen? Ist die SBB noch unpünktlicher, als wir das Gefühl haben? Ist das etwas Philosophisches: Du bist nur im Moment schön?
Interessanterweise gibt es ja aber auch die Anderen. Die, die alles immer schlecht reden. Zu teuer, zu billig, zu spät, zu früh, zu salzig oder zu fad. Wie funktioniert das bei denen, mit dem Schönsehen? Sehen sie Dinge schlecht? Ich rede jetzt nicht von den Dioptrien. Dann gefallen die sich auf den Ferienbildern von 1990 und denken, Mann, was sehe ich heute Scheisse aus? Dann sind heute alle schlechter gekleidet als früher? Und alle sehen jünger aus, als man selbst?
Das müssten dann eigentlich die sein, die finden, dass früher alles besser war. Oder sehe ich das jetzt zu schön?