Mein Navi und ich, wir sind fast schon so etwas wie Freunde geworden. Dieses Jahr waren wir wieder zusammen in den Ferien – in der Provence. Mein Navi weiss alles. Es kennt alle Strassen, auch solche, über die ich nie fahren würde. Es weiss, wie schnell wir fahren. Es weiss, wann wir ankommen. Nur die Sprache ist manchmal etwas eigenartig, fast, als wollte es den provenzalischen Dialekt nachahmen. Und wie in jeder Freundschaft verstehen wir uns manchmal falsch. Das mit dem Rechtsfahren und Rechtsabbiegen ist wirklich noch schwierig. Und auch über die Zahl der Abzweigungen in einem Kreisel sind wir uns nicht immer einig – und Kreisel hat es in Frankreich ja genug. Aber trotzdem: Wir mögen uns.
Es ist mir schon so ans Herz gewachsen, dass ich mir manchmal überlege, was sonst noch in ihm vorgeht. Was denkt es, wenn ich zu schnell fahre? Sag nicht, dass ich dich nicht gewarnt habe? Du bist ein freier Mensch, tu was du willst? Pass auf, du hast noch Kinder im Auto? Was denkt es, wenn ich wieder mal falsch abgebogen bin? Wer nicht hören will, muss fühlen? Nicht schon wieder? Sorry, ich hätte das wohl klarer sagen müssen?
Was denkt es, wenn ich es nicht einschalte? Ist es beleidigt? Froh, nicht arbeiten zu müssen? Gelangweilt?
Schwierige Fragen. Wer weiss, was in so einem Navi alles noch vor sich geht. Auf jeden Fall habe ich die Stimme gewechselt: Von Frau zu Mann. Aber nicht wegen diesem Klischee: Ein Mann lässt sich von einer Frau doch nicht sagen, wo es durchgeht. Nein: Einfach weil ich mir sicher bin, dass es der Mann weniger persönlich nimmt , wenn ich wieder mal falsch abbiege.