Hoi du

Möglicherweise bin ich konservativer, als ich mir einbilde zu sein – oder eben nicht zu sein. Aufgefallen ist mir das wieder einmal bei der Frage, wer wem wann das Du anbietet.

Ich bin beispielsweise bei meinen Kunden sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, das Du anzubieten. Diese Beziehung hat für mich etwas Hierarchisches. Wie sagt man: der Kunde ist König. Also beginnt das Minenfeld, wenn man eine gute Beziehung zu einem Kunden hat. Soll man oder soll man nicht? Wird es schon zu vertraut oder ist es einfach authentisch? Wie ist das bei Mann und Frau? Bei Alt und Jung? Wer darf zuerst und warum?

Sicher ist das alles geregelt, wahrscheinlich im Knigge. Aber spannender ist doch, was es für unausgesprochene Regeln gibt. Im Sport beispielsweise ist es klar, da ist man per Du. Leuchtet mir irgendwie ein. Wenn man sich nackt unter der Dusche begegnet, kann man sich Formalitäten sparen. Auch im gestressten Abendverkehr ist der Fall eindeutig. Das kurze „Arsch“ ist nicht per Sie gemeint. Und wenn man im Lush eine Seife kaufen geht – dann ist man auch per Du, mindestens ist dies die unausgesprochene Regel des Personals.

Leider ist das mit den unausgesprochenen Regeln zunehmend unklar. Vielleicht sollte man sie doch ab und zu wieder aussprechen. Beispiele? Bitte sehr:

  • Wenn man ein Gebäude betritt, lässt man den Personen den Vortritt, die dieses gerade verlassen wollen.
  • Wenn man in der S-Bahn sitzt, belegt man als Einzelperson nicht drei Plätze.
  • Ein Mail an jemandem, mit der man per Du ist, beginnt mit Lieber Lorenz, oder wenigstens Guten Morgen Lorenz oder Guten Abend Lorenz, wenn man ihn nicht so lieb hat, aber nicht mit Lorenz.
  • Und wenn es sich um einen Krieg und einen Giftgasangriff in Syrien handelt, dann twittert man nicht einfach: Seid bereit, die Bomben werden kommen, nett, neu und smart.

Aber wie gesagt, vielleicht entspreche ich einfach nicht mehr dem Zeitgeist ….

3 Gedanken zu “Hoi du

  1. Punkt 1: Es sei denn, es handelt sich um Bankräuber.
    Punkt 2: Es sei denn, Jeannine Pilloud macht die Sitze so winzig, dass kein normaler Mensch mehr reinpasst. Nicht mal ein Lorenz.
    Punkt 3: In diesem Fall wäre „Eure Hoheit Prinz Lorenz“ möglicherweise ein guter Kompromiss.
    Punkt 4: Es sei denn, der Absender ist ein grundehrlicher Mensch und lügt nur im äussersten Notfall. Oder einer, der immer lügt und manchmal versehentlich die Wahrheit sagt.

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